Rezension: Das ABC der Typografie

Ende September 2019 schrieb mich Patrick Marc Sommer an und erzählte von einem Buchprojekt, an dem er gerade zusammen mit Natalie Gaspar arbeiten würde: Es ging um ein »Typografie-Grundlagen-Buch«, und er fragte mich, ob ich als Kommunikationsdesigner und InDesign-Experte das Manuskript gegenlesen könne. Dem bin ich sehr gerne nachgekommen. Als ich damals das PDF bekam, war meine erste Reaktion: »Wow!« Schon damals war zu erkennen, wie umfangreich und detailliert das Buch werden würde.

Nun ist es erschienen, und es ist nochmal 50 Seiten dicker geworden als die erste, mir zugeschickte Version: »Das ABC der Typografie« von Natalie Gaspar und Patrick Marc Sommer bietet auf 400 Seiten einen fundierten Überblick über die Typografie plus umfangreiche Anleitungen zur richtigen Anwendung sämtlicher Typografie-Feature in InDesign.

Beginnend mit einem Grundlagen-Kapiteln zur Schrift (Schrift-Geschichte ist ein eigenes Kapitel am Ende des Buches) folgen zwei Kapitel zu »Layout und Satz« und »Mikrotypografie«, die ich für meine Rezension am intensivsten angesehen habe. »Schrift im Kontext« und »Digitale Typografie« sind die weiteren Kapitel und ergeben zusammen mit zusätzlichen acht Gastbeiträgen renommierter Autor*innen einen sehr guten Überblick zum Thema, der gleichzeitig aber auch in die Tiefe geht. Oder wie es auf dem Rücktitel heißt: »Alle Grundlagen der Typografie in einem Buch«

Die Kapitel »Layout und Satz« und »Mikrotypografie« haben mich zunächst etwas verwirrt: Die typografischen Grundlagen werden hier direkt mit den jeweiligen Möglichkeiten in InDesign erläutert. Diese Mischung war für mich zunächst ungewohnt, hat mich aber überzeugt. Wenn die Autor*innen beispielsweise über Leerräume/Gevierte schreiben, wird gleich auch das entsprechende »Verborgenes Zeichen«-Symbol von InDesign angezeigt:

Sämtliche Paletten und Menüs aus InDesign wurden für das Buch nachgebaut, um so ein besseres Erscheinungsbild zu erreichen, als es bei der Verwendung von Screenshots der Fall gewesen wäre. Die vielen Typo-Beispiele im Buch wurden erfreulicherweise in über 80 (!) verschiedenen Schriften dargestellt, was das sowieso sehr gut gestaltete Buch noch praxisnäher macht. Sehr sinnvoll auch die Doppelseite mit einer »Checkliste: Typografie und Reinzeichnung«, die natürlich auch auf das Standardwerk zu diesem Thema von Michael Neuhauser verweist.

Kritik? Wirklich nur winzige Kleinigkeiten. Ein Beispiel: Bei dem oben genannten Beispiel zu den Gevierten (siehe Bild) hätte ich mir gewünscht, dass angemerkt wird, dass bei der Millionenzahl der Abstand nach jeweils drei Ziffern zwar richtigerweise ein Sechstelgeviert beträgt, das aber bitte eben nicht über das Sonderzeichen gelöst werden sollte, sondern besser über eine erhöhte Laufweite durch einen GREP-Stil. Denn nur so bleibt die Zahl als Ganzes erhalten und verursacht einerseits keine Trenn-Probleme und unterstützt andererseits Screenreader beim richtigen Vorlesen der Zahl.

Auch beinhaltet das Buch ein wenig Design-Gossip: Beim nächsten Smalltalk unter Kolleg*innen werde ich beiläufig erwähnen, dass der »Goldene Schnitt« von Leonardo da Vinci die »Göttliche Teilung« genannt wurde. 🙂

Fazit: Für Einsteiger*innen bietet das Buch einen gut zu lesenden und umfassenden Aufriss zum Thema Typografie. Und auch für Design-Profis lohnt sich das Buch als Nachschlagewerk*, um sich immer mal wieder der vielen wunderbaren Aspekte des Themas Typografie bewusst zu werden. Dazu tragen nicht zuletzt auch die Gastbeiträge bei.

Und durch die Einbeziehung der Typografie-Funktionen von InDesign (dieser Punkt wird interessanterweise auf dem Titel des Buches gar nicht erwähnt) bekommt man quasi ein zweites Buch gleich dazu.


Natalie Gaspar | Patrick Marc Sommer
Das ABC Der Typografie
Rheinwerk-Verlag
ISBN 978-3-8362-6166-1
€ 39,90 Buch | € 35,90 E-Book (PDF) | € 44,90 Buch und PDF
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* Ich empfehle bei Sachbüchern immer, gedrucktes Buch plus digitale Variante zu erwerben: Gedruckt zum Lesen, digital zum Nachschlagen. Und der Rheinwerk-Verlag macht es einem diesbezüglich sehr leicht, da in der Kombination das E-Book letztendlich erschwingliche € 5 kostet.


Anmerkung: Ich erhielt das Buch vom Verlag kostenlos zur Verfügung gestellt.